Im Wachs klirrt Leim – Rezension

Quelle: Literatur und Kritik, Christoph Janacs

Daß Roswitha Klaushofer, 1954 in Salzburg geboren, seit 1976 in Zell am See als Instrumentallehrerin und Schriftstellerin lebend, noch nicht die gebührende Resonanz gefunden hat – trotz mehrerer Lyrikbände –, ist einerseits darauf zurückzuführen, daß sie ausschließlich Gedichte schreibt, und andererseits, daß diese bislang nur in Klein- und Kleinstverlagen, zum Teil in bibliophiler Form, publiziert wurden. Ihre Gedichte zeichnen sich durch eine ausgeprägte Tendenz zu Verdichtung und Verkürzung aus – die meisten ihrer Texte überschreiten die Zahl weniger Verse kaum – sowie eine starke Bildhaftigkeit und eine geringe Abstraktion (vielleicht auch ein Grund, warum sie bislang zu wenig beachtet wurden…). Nun legt sie mit „Im Wachs klirrt Leim“ ein schmales Bändchen mit 15 Anagrammen und ebenso vielen Radierungen von Roger Troks vor: in einer Auflage von 300 Stück, auf ausgewähltem Papier, mit Fadenbindung, und in einer Vorzugsausgabe von 45 Exemplaren – alles Qualitätsmerkmale, die den Berliner APHAIA Verlag auszeichnen. Zu dessen 15-jährigem Bestehen hat Klaushofer 15 Titel seines Buchprogramms ausgewählt und daraus Anagramm-Gedichte geschaffen und damit eine lyrische Form gewählt, die ihrer genauen Arbeit der Verkürzung entspricht. Bei den kurzen, wenige Buchstaben umfassenden Buchtiteln ergaben sich naturgemäß Schwierigkeiten, die den Gedichten anzumerken sind; aus den längeren Titeln allerdings gelingt es ihr erstaunliche Verse und Gedichte zu destillieren. Zum Beispiel bei »Ein Traum muss bleiben zuletzt«: »Mutstaub reibt. Zeit zum Lesn. / Zirbenbett, Zimtmaul, Nusseule. // Im Azur Silben zum Test: Blueten. // Zarte Blume lebt uns im Stein zu. / Lernt summen. Leib zu Staub. Zeit. // Bis zuletzt: Raum, Steine, Blumen.« Gerade im Zusammenspiel mit den expressiven Radierungen Roger Troks ein Lese- und Schau-Erlebnis.