Schattenversteck unterm Lid – Rezension

Quelle: Rezensionen-online *LuK*, Besprechung Christoph Janacs
aus:
Die Weiblichkeit des Wortes
Zu drei Gedichtbänden Salzburger Autorinnen

Roswitha Klaushofer, Jahrgang 1954, versammelt in ihrem ersten Buch Schattenversteck unterm Lid 50 knappe, höchst konzentrierte Gedichte oder besser: lyrische Gebilde, die, oft nur aus wenigen Versen und Worten bestehend, Zeugnis ablegen von Klaushofers langer und zäher Arbeit der Verdichtung. Schon das erste Gedicht »Schmetterlinge« weist den LeserInnen den Weg, den Klaushofer einzuschlagen beabsichtigt: »Sie kennen / die Jahreszeit // Ihr Flügelschlag / kommt unserem Herzen / sehr nah // Ihre Sommer / sind kurz.« Es sind fragile, auf das notwendigste sprachliche Material reduzierte Gedichte, die, meist von Naturbeobachtungen oder -metaphern ausgehend, Privates thematisieren, manchmal philosophischen Fragen nachgehen, aber nur äußerst selten Politisches, dann aber umso herber im Tonfall, ansprechen, wie »Indizien« zeigt: »In der Schleimspur / der Schnecke / ist nichts Bedrohliches / erkennbar // Es kann / keine Klage / geführt werden.« Manchmal allerdings geht Klaushofers Verkürzung so weit, daß kaum noch von Gedichten, sondern eher von Aphorismen, Sentenzen oder Epigrammen zu sprechen ist, bei denen der Zeilenbruch eher beliebig, zumindest nicht sinnstiftend erscheint. Und dort, wo Natur und Gefühl im Zentrum stehen, ist die Grenze zum Sentimentalen nur allzu nah. Wo sie aber die Reduktion nicht ins beinahe Verstummen vorwärtstreibt, gelingen ihr Gedichte von dunkler, herber Schönheit: »Wenn / ein Traum erlischt / bevor / er zu Ende ist / zeichnet sich ein Gefälle ab / das auch / im Sonnenaufgang stehen kann.«